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Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen der Bundeswehr

Im Mittler-Verlag sind in der Vergangenheit mehrere Bücher zur Bundeswehr erschienen. Im vorliegenden Titel beschäftigt sich der Autor auf insgesamt 208 Seiten mit den Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen der Bundeswehr.

Das großformatige Hardcover war im Erscheinungsjahr 2011 recht schnell vergriffen. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft erscheint Anfang Dezember 2014 die zweite Auflage.
 Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen der Bundeswehr
Das Sachbuch ist entsprechend der Untertitelung in drei große Abschnitte gegliedert. Den Anfang bildet der Abschnitt „Geschichte“, dem mit 118 Seiten auch am meisten Platz eingeräumt wird. Von der Aufstellungsphase der Bundeswehr (1955 – 1958) über die Zeit des Kalten Krieges, die Wendezeit bis hin zur Gegenwart betrachtet der Autor die Veränderungen hinsichtlich der Bewaffnung der Bundeswehr.

Die anderen beiden Abschnitte („Taktik“ und „Technik“) teilen sich die restlichen Seiten. Mitunter sind die in diesen Kapiteln enthaltenen Beiträge auch von Gastautoren verfasst wurden. Die Bandbreite reicht von Schießausbildung, persönlicher Ausrüstung des Soldaten bis hin zur Verschlusstechnik von modernen Infanteriewaffen. Der Anhang des Buches enthält ein Personenregister und ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis.

Fachkundige Schilderungen & viel Hintergrundwissen

Mit „Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen der Bundeswehr – Geschichte, Taktik, Technik“ legt Jan-Phillipp Weisswange ein ausgesprochen lesenswertes Buch vor, welches in dieser Form einzigartig ist. Fachkundig schildert der Autor die Entwicklung der letzten 56 Jahre und kann auf der gesamten Länge des Buches durch einen verhältnismäßig lockeren Schreibstil punkten.

Beim ersten Durchblättern fällt sofort die chronologische Ordnung auf, die zunächst unpassend anmutet, aber beim weiteren Lesen durchaus zweckmäßig ist, da man auf diesem Weg die Veränderungen der Bewaffnung der Bundeswehr gut nachvollziehen kann.

Sachbücher zum Thema Handwaffen gibt es in vielfältiger Form, doch selten wurden wie im Vorbeigehen kenntnisreiche Anekdoten und Hintergrundwissen vermittelt. Das zeigt sich insbesondere beim mehrseitigen Abriss zum ominösen Sturmgewehr-Projekt G11. Der Autor räumt mit einigen Gerüchten und Halbwahrheiten auf und gibt einen sehr gelungenen Überblick über die Entwicklung des Gewehrs.

Die Abschnitte Taktik und Technik fallen insgesamt etwas kürzer aus und wurden durch Gastbeiträge ergänzt. Diese sind von unterschiedlicher Länge, stellen aber durchaus eine Bereicherung dar. In diesem Teil des Buches sind Werbeanzeigen enthalten, die zum Teil nur schwer vom eigentlichen Inhalt zu trennen sind. Hier reicht die Bandbreite der Werbekunden von Zielfernrohrherstellern bis hin zu Herstellern von Handwaffen oder geschützten Fahrzeugen.
Eine deutlichere Trennung zwischen Inhalt und Werbung wäre wünschenswert gewesen.

Das Sachbuch liegt als Hardcover vor und ist durchgehend bebildert. Ein nicht unerheblicher Teil der Fotos wird exklusiv in diesem Buch verwendet, beziehungsweise stammen aus dem Archiv des Autors. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um Farbaufnahmen, die den Text unterstützen und das das gelungene Gesamtbild abrunden.

Fazit: Das vorliegende Buch gehört in die Hände eines jeden interessierten Lesers, der sich mit der Ausrüstung und Geschichte der Bundeswehr beschäftigen möchte. Auf 208 Seiten zeigt Jan-Phillipp Weisswange das gesamte Spektrum der genutzten Hand- und Panzerabwehrwaffen der Bundeswehr auf und scheut auch nicht den Vergleich mit der Bewaffnung anderer Armeen. Die vielen Bilder bereichern den Text und laden auch zum mehrmaligen Lesen ein. Grundsätzlich wirkt es etwas befremdlich, in einem Sachbuch Produktwerbung innerhalb des Inhalts vorzufinden. Davon abgesehen sind die Kapitel zu den Themen Taktik und Technik auch und gerade wegen der Gastbeiträge lesenswert, bleiben jedoch hinter dem sehr guten Geschichtsteil zurück.

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Feindkontakt – Gefechtsberichte aus Afghanistan

Sachbücher und autobiografische Bücher zum ISAF-Einsatz, an dem sich auch die Bundeswehr seit mehr als zwölf Jahren beteiligt, haben in den letzten Jahren zugenommen. Die Herausgeber des Buches „Feindkontakt – Gefechtsberichte aus Afghanistan“ haben unter anderem auch den Titel „Generation Einsatz: Fallschirmjäger berichten ihre Erfahrungen aus Afghanistan“ veröffentlicht. So kann man das vorliegende Buch, dessen erste Auflage schnell vergriffen war, auch als eine Art Nachfolger betrachten. Während es im ersten Buch relativ allgemein um die Erfahrungen aus dem Afghanistaneinsatz ging, geht das neue Buch jedoch in eine andere Richtung: Die gemachten Erfahrungen im Gefecht stehen im Mittelpunkt.

Feindkontakt - Gefechtsberichte aus Afghanistan
Feindkontakt – Gefechtsberichte aus Afghanistan

Das 224 Seiten umfassende Buch ist in zwei Abschnitte geteilt. Im ersten Teil sind die titelgebenden Gefechtsberichte zusammengefasst. Hier erhält man als Leser Einblick in unterschiedliche Operationen, die im Jahr 2010 im Raum Kunduz von den Fallschirmjägern der Bundeswehr durchgeführt wurden. Die geschilderten Ereignisse beginnen beim sogenannten Karfreitagsgefecht, in dessen Verlauf drei deutsche Soldaten gefallen sind. Der Kompaniechef der 1. Infanteriekompanie schildert abwechselnd mit dem Chef der Schutzkompanie des PRT Kunduz die Ereignisse. In den folgenden Kapiteln geht es um weitere Operationen und die Umgliederung zum Ausbildungs- und Schutzbataillon (ASB) mit dem Partnering-Auftrag mit den afghanischen Sicherheitskräften. Weitere Operationen, deren Entwicklung beschrieben wird sind die „Operation Halmazag“ und „Freies Tal“. Im zweiten Teil des Buches wird es dann etwas allgemeiner. Weitere Autoren schildern die Situation im Einsatzgebiet der Fallschirmjäger 2010, geben Einblick in die Operationsplanung oder die Erkenntnisse im Rahmen der militärischen Sicherheit – soweit es die Geheimhaltung zulässt. Grundsätzliche Gedanken zur Ethik des Soldatenberufs und den rechtlichen Grundlagen finden genauso Platz, wie die Erfahrungen des Kompaniefeldwebels im Einsatz.

In den Kapiteln kommen Soldaten unterschiedlicher Dienstradgruppen zu Wort, die die Operationen in unterschiedlichen Funktionen begleitet haben beziehungsweise beteiligt waren. So bekommt man als Leser verschiedene Einblicke in die Vorgänge. Insbesondere die enge Verzahnung im ersten Kapitel macht Zusammenhänge und Entscheidungen nachvollziehbar. Die Zusammenstellung der zwölf Beiträge ist gelungen, wenngleich der erste Abschnitt des Buches militärisch nicht vorgeprägte Leser abschrecken könnte. Der militärische Duktus ist unverkennbar – Zum weiteren Verständnis trägt jedoch das im Anhang befindliche Glossar mit einer Vielzahl militärischer Abkürzungen bei. Als Leser ist man in den ersten Kapiteln wirklich nah dran. Ein Gefühl, das man mittlerweile auch von anderen (auto-)biografischen Büchern zum Afghanistaneinsatz kennt. Doch in dieser komprimierten und authentischen Form sind die Beiträge sicherlich einzigartig. Die Themen Tod und Verwundung sind sehr präsent aber auch die professionelle Einstellung und die verschiedenen Fähigkeiten, die es braucht, um solchen Belastungen standzuhalten, werden aufgezeigt.

Fazit: Mit dem vorliegenden Buch haben die Herausgeber es geschafft dem Leser einen Eindruck von den Aufgaben, Operationen und Geschehnissen zu geben an denen sich die Fallschirmjäger im Jahr 2010 in der Region Kunduz beteiligt haben. Die Schilderungen sind zu keinem Zeitpunkt effekthaschend oder reißerisch. Man erkennt, dass es den Herausgebern und Autoren ein besonderes Anliegen war, die komplexen ethnischen und militärischen Zusammenhänge verständlich zu machen und das Wirken der Soldaten in den Gesamtkontext einzuordnen. Das Buch verdient eine breite Leserschaft, denn einen so ehrlichen und intensiven Einblick findet man in keiner anderen Veröffentlichung.

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Vier Tage im November

Im Oktober‭ ‬2012‭ ‬ist im Econ-Verlag das autobiografische Buch‭ ‬„Vier Tage im November:‭ ‬Mein Kampfeinsatz in Afghanistan‭“‬ erschienen.‭ ‬Die im Buch geschilderten Ereignisse jährten sich dieser Tage bereits zum zweiten Mal.‭ ‬Mehr Informationen zu den titelgebenden‭ ‬vier Tagen im November findet man unter dem Stichwort‭ ‬“Operation Halmazag‭“. (Mehr Infos zur Operation bei Wikipedia.)

Vier Tage im November
Vier Tage im November

Johannes Clair war als Fallschirmjäger von Juni‭ ‬2010‭ ‬bis Januar‭ ‬2011‭ ‬in Kunduz‭ (‬Afghanistan‭) ‬eingesetzt und schildert seine gemachten Erfahrungen in dem‭ ‬415‭ ‬Seiten umfassenden Buch.  Nach einer kurzen Einleitung berichtet der Autor zunächst über seinen Werdegang innerhalb der Bundeswehr und schildert seine persönliche Motivation für den Einsatz in Afghanistan.‭ ‬Man erfährt mehr über die langwierige Vorbereitung der Fallschirmjäger aus dem niedersächsischen Seedorf und bekommt einen ersten Eindruck von Clair,‭ ‬der von seinem Zug Joe gerufen wird,‭ ‬und seinen Kameraden.‭ ‬Die Männer des Golf-Zuges werden‭ ‬ausführlich vorgestellt,‭ ‬inklusive dem persönlichen Verhältnis von Clair zu‭ ‬jedem der Männer.‭
Als Leser ist man mit dabei,‭ ‬wenn die Fallschirmjäger auf dem Rollfeld in Kunduz ankommen und bekommt einen ungeschminkten Eindruck vom Lagerleben‭ ‬vermittelt.‭ ‬Die Beschreibung von Details,‭ ‬wie‭ ‬das Beziehen der Unterkünfte im Feldlager,‭ ‬der Empfang von Ausrüstung oder‭ ‬das Organisieren von Kleinkram‭ ‬erfolgt sehr ausführlich.‭ ‬Doch bis zur ersten Raumverantwortung,‭ ‬dem ersten Auftrag außerhalb des Feldlagers,‭ ‬vergehen nur wenige Tage‭ ‬…

In den letzten Monaten sind einige lesenswerte Bücher zum Thema Bundeswehr,‭ ‬insbesondere auch zum ISAF-Einsatz in Afghanistan erschienen.‭ ‬Doch als Leser war man nie näher an den Soldaten in Afghanistan wie in‭ ‬diesem Buch.‭ ‬Die Verhältnisse vor Ort lassen sich gut nachvollziehen, denn‭ ‬es wird‭ ‬nicht an detailreichen Schilderungen‭ ‬gespart.‭ ‬Clair nutzt die‭ ‬415‭ ‬Seiten und schildert brenzlige Situationen,‭ ‬mehrtägige Gefechte,‭ ‬persönliche Härten und Entbehrungen,‭ ‬aber auch eine Vielzahl von schönen Erlebnissen in einem Land,‭ ‬in dem sich die Bundeswehr seit mehr als zehn Jahren engagiert.

Mit‭ ‬“Vier Tage Im November‭“ schafft es der Autor,‭ ‬dem Leser einen Einblick in den‭ ‬Mikrokosmos‭ ‬Bundeswehr zu geben.‭ ‬Die Ereignisse überschlagen sich zwischenzeitlich beinahe und gipfeln in dem mehrtägigen Gefecht der Operation Halmazag.‭ ‬Clair driftet bei allen erlebten Härten,‭ ‬Entbehrungen und Aggressionen niemals in reißerische oder cineastische Schilderungen ab.‭ ‬In eindringlichen Worten vermittelt er dem Leser sein Handeln,‭ ‬schildert diverse‭ ‬“Auge um Auge‭“-Situationen und gibt einen Einblick in die Erfahrungswelt einer neuen Generation von Veteranen.‭

Dieses Buch gehört in die Hände von jedem interessierten Leser‭ ‬-‭ ‬unabhängig davon ob man den Afghanistan-Einsatz befürwortet oder nicht.‭ ‬Hier erfährt man unmittelbar,‭ ‬was die Soldaten in der‭ ‬“Schlammzone‭“ bewegt.‭ ‬Es geht um die Soldaten,‭ ‬die das verhältnismäßig sichere Feldlager nur selten zu Gesicht bekommen.‭ ‬Johannes Clair legt ein sehr lesenswertes Buch vor,‭ ‬das ein echter Pageturner ist und auf ganzer Linie überzeugen kann.‭

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Foxtrott 4

Nun liegt es also vor: Das erste Buch eines deutschen Journalisten der ‚tief eingebettet‘ Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan begleitet hat. Im englischen Sprachraum hat sich die Bezeichnung embedded journalist für diese Art der Tätigkeitsausübung etabliert.

Jonathan Schnitt war von Juni 2011 bis Januar 2012 mit Soldaten aus dem niedersächsischen Munster in der Region Kunduz (Afghanistan) eingesetzt und hat die Höhen und Tiefen dieser Zeit in einem sehr authentischen Bericht zusammengefasst.

Zunächst geht der Autor auf seine Motive ein. Was hat ihn, den Kriegsdienstverweigerer, bewegt mit Anfang 30 für einige Monate nach Afghanistan zu gehen und über diese Zeit ein Buch zu schreiben? Sein erklärtes Ziel: Die Soldaten außerhalb des Lagers rund um die Uhr begleiten und diese Erfahrung gut lesbar und nachvollziehbar wiedergeben. Live dabei sein, draußen außerhalb des vermeintlich sicheren Lagers. Draußen sein in einem Land, in dem dauerhaft fast 5000 deutsche Soldaten ihren Dienst versehen. („Was macht das mit meiner Generation, die die erste seit dem Zweiten Weltkrieg ist, in der es wieder gefallene Soldaten gibt?“)

Foxtrott 4 von Jonathan Schnitt
Foxtrott 4 von Jonathan Schnitt

In angenehm kurzen Kapiteln stellt der Autor zunächst die Besatzung von Foxtrott 4, einem geschützten Fahrzeug (DINGO), vor. Der Bataillonskommandeur der Panzergrenadiere aus Munster und der Kompaniechef der 3. Kompanie kommen ebenso zu Wort wie der Kommandant und die restliche Besatzung von Foxtrott 4. Nach diesen einleitenden Kapiteln geht der Autor noch kurz auf seine persönliche Vorbereitung ein, bis er dann zum Kern des Buches kommt: Dem sechsmonatigen Einsatz der Panzergrenadiere als sogenannte (umgangssprachlich) Task Force Kunduz.

4 Soldaten und 1 Journalist

In einer Mischung aus Schilderungen von Erlebnissen und Gefühlen, sowie Interviews baut sich schnell ein kompaktes Bild des fordernden Einsatzes auf. Hier erfährt man aus erster Hand, was die Soldaten fernab der Heimat über ihren Einsatz denken, wie sie das Erlebte verarbeiten und was sie fühlen. Ungewöhnlich und überraschend offen lassen die Soldaten den Leser an ihrem Gefühlsleben teilhaben. Aber auch der Autor gibt viel von sich preis und reflektiert das Erlebte zum Teil sehr selbstkritisch.

Bereits am Anfang des Buches macht Schnitt klar, dass es sich nicht um eine objektive Schilderung des Einsatzes handeln kann. Die Nähe zu den Soldaten, die geteilten Entbehrungen und die gemeinsamen Erlebnisse würden diesen Anspruch ohnehin nicht rechtfertigen.

Die Authentizität von „Foxtrott 4“ spiegelt sich auch sprachlich wieder. Wie bereits erwähnt, erfährt man sehr direkt wie die Soldaten über den Einsatz in Afghanistan und die Menschen dort denken. Da ist schon mal erfrischend unkorrekt die Rede von den Kuddels (Einheimische); die Kräfte, die das Lager nicht verlassen, werden wenig wertschätzend als Drinnies bezeichnet und das Wort schwul wird synonym für alles Schlechte genutzt.

Im Mittelteil des Buches befindet sich eine Bildstrecke mit sehenswerten Aufnahmen. Neben der afghanischen Landschaft werden die Lebensverhältnisse der Soldaten sehr gut dargestellt.

authentisch und unverfälscht

Dingo in Afghanistan
Dingo in Afghanistan

Mit dem 224 Seiten umfassenden Buch schafft es der Autor spielend den Leser zu fesseln. Die Besatzung des Fahrzeugs wird ohne viel Pathos vorgestellt und schnell macht man sich als Leser ein eigenes Bild von den jungen Männern. Neben den Schilderung des Autors kommen die Soldaten auch selbst zu Wort und erhalten die Gelegenheit ihre Erfahrungen und Ansichten aus und um Afghanistan zu schildern.

Das vorliegende Buch bietet dem Leser einen ungeschminkten Einblick in den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan. Natürlich ist das Buch beziehungsweise dessen Inhalt durch die Hände eines Lektors gegangen und wurde mit Sicherheit auch von der Bundeswehr kritisch durchleuchtet, doch das Ergebnis macht einen authentischen und unverfälschten Eindruck. Insbesondere der Mut die sprachlichen Eigenheiten nicht zu beschönigen, die häufig auftretende Monotonie und die dauerhaft widrigen Umstände wiederzugeben, zeichnen dieses Buch aus.

„Foxtrott 4 – Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan“ steht für eine neue Ehrlichkeit in der Berichterstattung und ist ausgesprochen lesenswert.


Bildquelle: Bundeswehr/Schreiner

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Die reden – wir sterben

In der öffentlichen Wahrnehmung galten die Auslandseinsätze der Bundeswehr lange als friedliche und weitestgehend ungefährliche Aufträge mit humanitärer Ausrichtung. Die Entwicklung der letzten Jahre, speziell im Afghanistan-Einsatz, haben aber eine neue Sichtweise hervorgebracht. In den vergangenen Jahren haben sich die Publikationen zum ISAF-Einsatz gehäuft, zunehmend befanden sich unter den Neuerscheinungen auch Erfahrungsberichte von Soldaten. Mit „Die reden – Wir sterben“ erschien im August 2010 im Campus-Verlag ein Buch, das sich intensiv mit der Situation der Heimkehrer auseinandersetzt.

Die reden - Wir sterben

Zunächst gehen die beiden Autoren, Oberstleutnant a.D. Andreas Timmermann-Levanas und die Historikerin und Journalistin Andrea Richter, im Vorwort auf die Gesamtsituation der Entstehung des Buches und die Ziele der Publikation ein. Den Ausführungen folgend, kehrt ein Großteil der Soldaten, die an einer besonderen Auslandsverwendung der Bundeswehr teilgenommen haben, physisch und psychisch gesund aus dem Einsatz zurück. Doch es gibt eine Minderheit von Soldaten, die nach dem Einsatz mit teilweise so massiven Problemen zu kämpfen haben, dass sie kein geregeltes Leben mehr führen können.

Der Autor Andreas Timmermann-Levanas gehört zu dieser Gruppe und schildert im ersten Kapitel die Ursachen für seine Probleme, die medizinisch betrachtet als Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bezeichnet werden.  Im zweiten Kapitel schildert Timmermann-Levanas unter anderem die täglich auftretenden Symptome der PTBS und die Auswirkungen auf sein Privat- und Berufsleben. Der abschließende Abschnitt ist dem Thema Anerkennung einer PTBS und den damit einhergehenden Problemen gewidmet.

Das persönliche Schicksal des Autors fesselt den Leser förmlich an das Buch und die geschilderten Erfahrungen, Eindrücke aber auch komplexe Situationen werden eindringlich geschildert. Der Leser erhält die Gelegenheit an den Erlebnissen und Einsatzerfahrungen des ehemaligen Presseoffiziers teilzuhaben. An die persönliche Vorgeschichte schließt sich eine wissenschaftliche Zusammenfassung an. Gut verständlich wird die Diagnose PTBS „zerlegt“ und Ursachen, Grundlagenforschung und mögliche Therapieformen beschrieben. Hierbei liegt der Fokus nicht mehr nur allein auf den aktuellen Ereignissen in den Einsätzen der Bundeswehr, sondern die Schilderungen gehen bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs zurück. Sauber zitiert und fundiert recherchiert, kann auch dieser Teil des Buches überzeugen. Im dritten Abschnitt setzt sich der Autor anhand seines eigenen Erlebens mit den Mühlen der Bundeswehr auseinander, schildert eindrücklich seinen weiteren Werdegang in der Bundeswehr, einschließlich Dienstunfähigkeitsverfahren und seinem Ausscheiden aus der Armee nach insgesamt 24 Dienstjahren.

Das Buch erscheint als Taschenbuch und enthält neben einem sehr ausführlichen Glossar und Abkürzungsverzeichnis noch einige Karten Afghanistans. Im Mitteteil befindet sich eine Bilderstrecke mit insgesamt 61 Farbbildern. Unter anderem bekommt man einen Eindruck von der Kultur Afghanistans sowie der täglichen Arbeit des Pressesprechers auf Patrouille oder bei einer Pressekonferenz.

Fazit: Mit „Die reden – Wir sterben“ legen die Autoren ein mutiges Buch vor, das sicherlich nicht nur für Soldaten interessant ist. Die in weiten Teilen autobiografische Schilderung erzeugt Betroffenheit – ohne auf die Tränendüse zu drücken. Es bleibt zu hoffen, dass das Buch eine breite Öffentlichkeit erreichen wird, denn das machen die Autoren deutlich, es ist nicht zu erwarten, dass die Zahl der PTBS-Fälle rückläufig sein wird. Klare Kaufempfehlung!

Mehr Informationen: Deutsche Kriegsopferfürsorge (DKOF)

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Unter Beschuss

Nachdem der Econ-Verlag zuletzt mit „Exportschlager Tod“ und „Operation Kundus“ bereits zwei Titel mit direktem Afghanistan-Bezug veröffentlicht hat, erscheint mit „Unter Beschuss: Warum Deutschland in Afghanistan scheitert“ nun ein weiteres Buch, das bereits im Vorfeld heiß diskutiert wurde. Denn anders als bei den vorgenannten Büchern handelt es sich hier weniger um einen reißerischen Erfahrungsbericht oder eine Afghanistaneinsatz-Biografie, sondern stattdessen um eine fundierte Analyse des Status Quo.

Unter BeschussZunächst schildert der Autor die Situation in Afghanistan. Grundlegende Informationen werden dem Leser schnell und überschaubar vermittelt. Welche Länder beteiligen sich an der International Security Assistance Force (ISAF)-Mission, wer führt diese Mission und wo genau sind deutsche Soldaten stationiert? Anhand der beigefügten Karten kann der Leser gut nachvollziehen, welche Fläche das Regional Command North (RC N), also der vermeintlich ruhige Norden Afghanistans, umfasst. Nachdem Lindemann die letzten Jahre des Einsatzes kurz zusammengefasst hat, geht er im folgenden Abschnitt gezielt auf die Situation in der Gegenwart ein. Welchen Gefahren sind die Soldaten vor Ort, insbesondere im sogenannten „Hot Spot“ Kunduz, ausgesetzt? Hierbei werden sowohl die feindlichen Kräfte analysiert, als auch die verwendeten Waffen einer genauen Betrachtung unterzogen. Das dritte Kapitel „Es ist Krieg“ beschreibt die Akteure auf deutscher Seite. Welche Institution ist im Rahmen des ISAF-Mandats wofür verantwortlich? Welche Rolle spielen sogenannte Nichtregierungsorganisationen (NGO´s) im RC North? Im direkten Anschluss geht der Autor der Frage nach, welche Ziele im Bezug auf den Wiederaufbau in Afghanistan realistisch umgesetzt werden können und was bisher erreicht wurde. Hierbei ist besonders die Beschreibung der lokalen Polizeikräfte lesenswert. Ernüchternd stellt Lindemann hierbei fest, dass selbige eine „Landplage“ darstellen. Die letzten beiden Abschnitte betrachten wieder das große Ganze: Wo steht die Bundesrepublik Deutschland in der NATO, welche Auswirkungen hat die ständig eingenommene Sonderrolle Deutschlands und vieles mehr. Abschließend bringt der Autor noch das Thema „Raus aus Afghanistan“ zur Sprache und zeigt auf, warum ein zeitnaher Abzug wohl reines Wunschdenken bleiben wird.

In seinem 288 Seiten umfassenden Buch erläutert der Autor, der als Offizier selbst zweimal in Kunduz im Einsatz war, treffend und leicht verständlich die Knackpunkte des deutschen Afghanistan-Abenteuers. Schon nach wenigen Seiten merkt man, dass hier jemand ein Buch verfasst hat, dem es darauf ankommt, Zusammenhänge darzustellen, und diese plakativ und glaubhaft zu vermitteln, hierbei jedoch auf den erhobenen Zeigefinger verzichtet. Das beginnt bei der Zusammenfassung der letzten acht Jahre. Wo sind die vorzeigbaren Erfolge? Warum geht es im Norden Afghanistans auf einmal „heiß“ her? Wer sind diese Aufständischen, wer beschießt das deutsche Feldlager und vor allem: womit? Schnell und kompromisslos macht Lindemann klar, dass es sich um verschiedene Kräfte mit unterschiedlichen Motivationen handelt, die Qualität der Angriffe auf deutsche Soldaten jedoch stetig zunimmt. Weiterführend geht der Autor die politische und militärische Führung hart an, insbesondere der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung bekommt mehrfach sein Fett weg. Aber auch am ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhahn lässt Lindemann kein gutes Haar. Doch der Rundumschlag geht noch weiter. Auch dem Entwicklungshilfeministerium und dessen ausführendem Arm, der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), wird totales Versagen attestiert.

In der Sache hart und stets bereit zu ausführlicher und nachvollziehbarer Kritik, stellt sich Lindemann allerdings zu einhundert Prozent hinter die deutschen Soldaten. Diese, das macht er sehr deutlich, können nichts für die Fehler der Politik und müssen Tag für Tag im 5000 Kilometer entfernten Afghanistan mit den Auswüchsen einer überbordenden Bürokratie, einem friedliebenden Beamtenapparat in der Heimat und mit nicht kooperativen Mitarbeitern anderer staatlicher Stellen zusammenarbeiten.

Fazit: „Unter Beschuss“ gehört in die Hände jedes interessierten Lesers, denn hier werden unbequeme Fakten zur Sprache gebracht und Missstände offen angeprangert. Der Ton ist bisweilen etwas ruppig und könnte so manchen Gutmenschen etwas verstören, doch der persönliche Standpunkt des Autors ist immer gekennzeichnet. Auf vergleichsweise wenigen Seiten zeichnet Marc Lindemann den Afghanistaneinsatz in seiner kompletten Breite, gewährt zum Teil auch persönliche Einblicke und ist mit der Bewertung nah am Puls der Zeit. Klare Kaufempfehlung.